Presseberichte
10-2012
Der Textilservice Wittekindshof der Diakonischen Stiftung
Wittekindshof in Bad Oeynhausen-Volmerdingsen
Der Textilservice Wittekindshof ist ein Dienstleistungsbetrieb der Diakonischen Stiftung Wittekindshof
auf dem Gründungsgelände in Bad Oeynhausen-Volmerdingsen. In erster Linie ist der Textilservice für
die Wäschepflege und die Leihwäsche der Wittekindshofer Einrichtungen und Dienste in den Kreisen
Minden-Lübbecke und Herford zuständig. Darüber hinaus ist die Wäscherei auch gelegentlich
Dienstleister für den einen bzw. anderen externen Kunden der Region zwecks Kapazitätsauslastung
des Textilservices. Im Textilservice arbeiten Menschen mit und ohne Behinderung in verschiedenen
Arbeitsbereichen direkt zusammen.
Der Wittekindshof wurde 1887 von engagierten evangelischen Christen, die durch die Minden-
Ravenberger Erweckungsbewegung geprägt waren, im heutigen Bad Oeynhausen-Volmerdingsen
gegründet. Ziel war es, Menschen mit geistiger Behinderung aus ganz Westfalen „zu versorgen,
verpflegen und beschäftigen“.
Seit der Jahrtausendwende ist die Anzahl der Wittekindshofer Standorte von fünf auf über fünfzig
gestiegen. Der Wittekindshof hat sich zu einem sozialdiakonischen Dienstleistungsunternehmen mit
knapp 3.000 Mitarbeitenden in 15 westfälischen Kommunen zwischen Rahden und Herne, Gronau und
Vlotho entwickelt. Aus Komm-Strukturen werden Geh-Strukturen entwickelt. Wenn möglich, sollen
die Menschen nicht mehr über hunderte Kilometer zum Wittekindshof kommen, sondern die Stiftung
will möglichst heimatnah - auch in Kooperation mit lokalen Trägern - die Unterstützung anbieten, die
nötig ist. Der Wittekindshof will sich zu einem mindestens westfalenweit tätigen Inklusionsförderer
entwickeln, der Angebote, wenn möglich gemeinsam für Menschen mit und ohne Behinderung
anbietet. 1889 verleiht Kaiser Wilhelm II. dem Wittekindshof die Rechte einer juristischen Person. Die
erste satzungsgemäße Generalversammlung findet 1890 statt. Für die weitere Entwicklung der
Einrichtung war die zweite Hälfte der 1920er Jahre wichtig. So wird 1925 eine moderne Arbeits- und
Beschäftigungstherapie eingeführt und der Schulunterricht neu gestaltet. Da zusätzliche
landwirtschaftliche Nutzflächen für die wachsende Einrichtung benötigt werden, kauft der
Wittekindshof 1926 Schloss Ulenburg im heutigen Löhne, das sich zu einem Wohn- und Arbeitsort für
Menschen mit Behinderungen entwickelt. Die Zeit des Nationalsozialismus ging nicht spurlos am
Wittekindshof vorbei. Die Zwangssterilisierung als Mittel der Rassenhygiene wird im Wittekindshof
akzeptiert, Ausmerzen abgelehnt. Nach Forschungen sind rund 400 Wittekindshofer Bewohnerinnen
und Bewohner der „NS-Euthanasie“ zum Opfer gefallen.
Am 18. Mai 1949 wird die Diakonische Brüderschaft Wittekindshof durch fünf Wittekindshofer
Mitarbeiter gegründet. Im Januar 1952 wird die Schule eingeweiht. Im November 1953 werden die
ersten Diakone eingesegnet. Im April 1956 wird das Annaheim in Gronau an der niederländischen
Grenze gekauft. Mit dem Kauf des Schlosses Benkhausen bei Espelkamp im März 1963 entsteht die
dritte Teileinrichtung. Anfang 1970 kommt ein Berufsbildungs- und förderungswerk hinzu. Die
Evangelische Kirch von Westfalen erkennt den Wittekindshof als Evangelische Stiftung an. 1990 wird
in Cuxhaven ein Freizeitheim gekauft, in dem Bewohnerinnen und Bewohner ihren Urlaub verbringen
können. Ein Jahr später werden die ersten so genannten Innenwohngruppen eingerichtet. Dort führen
Menschen mit Behinderungen in einer kleinen Wohngemeinschaft ein selbständigeres Leben als in
traditionellen Wohngruppen. Die vierte Teileinrichtung wird in Lübbecke-Nettelstedt im Oktober 1993
eingerichtet. 1995 wird das ambulante betreute Wohnen eingeführt. Menschen mit Behinderung
können nun mit nur wenig Assistenz in einer eigenen Wohnung leben. Im gleichen Jahr wird ein
Mahnmal für die Opfer der „NS-Euthanasiepolitik“ in Volmerdingsen eingeweiht.
Die Angebote der Diakonischen Stiftung Wittekindshof nutzen über 3.450 Menschen jeden Alters mit
und ohne Behinderung, hinzu kommen Teilnehmer der Vorträge, Kurse und Gruppen im
Familienzentrum und Gäste in den Kontakt- und Informationszentren (KIZ). Zu den Angeboten
gehören Frühförderung, ein Familienzentrum, integrative Kindertagesstätten, ambulante Angebote
für Familien mit behinderten Angehörigen, Therapie und Beratung, ambulanter Pflegedienst, zwei
Förderschulen, ein Berufsbildungswerk und die Wittekindshofer Werkstätten mit 9 Betriebsstätten in
den Kreisen Minden-Lübbecke, Herford und Borken sowie Tagesstrukturierende Angebote und zehn
Kontakt- und Informationszentren (KIZ) in zentraler Lage in 9 Kommunen. Vor allem die über 2.300
Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen, die Wittekindshofer Wohnangebote nutzen, nehmen häufig
weitere Bildungs-, Arbeits- Förderungs-, Therapie-. Medizin- und Freizeitangebote des
Wittekindshofes in Anspruch, von denen die meisten auch für alle anderen offen sind. Das
Evangelische Berufskolleg und die Diakonenschule besuchen über 300 Frauen und Männer. Die
Nachfrage nach Aus- und Weiterbildungsangebote im Sozialbereich ist in den letzten Jahren auch
durch verschiedene Träger der Behinderten-, sowie Kinder- und Jugendhilfe deutlich gestiegen.
(Foto links: Gegenstrom-Karussell Ende 50er Jahre)
Ende der 1950er Jahre werden die bis dahin vielen
Wäscheversorgungseinheiten in dem Neubau, auf dem Gelände
in Volmerdingsen, in der Zentralwäscherei zusammengefasst.
Kleidung und Wäsche sind mehr als ein lebenswichtiger
Schutz. Sie sagen viel über ihren Besitzer. Oft hängen an
einzelnen Kleidungsstücken Erinnerungen und viele Gefühle.
Sie machen Kleidung wertvoller als mit Geld zu bezahlen ist.
Sorgfältiger Umgang mit Textilien wird deswegen von allen
Beteiligten erwartet.
Im Rahmen des Stationär Unterstützten Wohnens übernimmt der Textilservice Wittekindshof in den
Kreisen Minden-Lübbecke und Herford für einen Großteil der Bewohnerinnen und Bewohner die
Pflege der privaten Textilien. Vorteile des zentralen Textilservices in Bad Oeynhausen-Volmerdingsen
sind: Erfüllung hoher hygienischer Standards, Entlastung der Wohnbereiche, Schonung der Umwelt
(weniger Wasser- und Energieverbrauch). Der allgemeine Textilservice ist im Preis für das Stationär
Unterstützte Wohnen enthalten. Zusätzliche Kosten fallen für Chemische Reinigung, andere
Spezialbehandlungen (z.B. Leder-, Teppichreinigung, Wollwäsche) und Reparaturen, Änderungen und
Sonderanfertigungen an.
Kleidung, die repariert (z.B. Reißverschlüsse erneuern, Löcher nähen) oder geändert (z.B. Hosen
kürzen) werden muss, wird im Reparatursack vom Textilservice abgeholt und, wenn sie fertig ist,
zurückgebracht. Auch Sonderanfertigungen sind möglich, auf die einige Menschen angewiesen sind
(z.B. Einteiler, Abnähen von Hosenbeinen, Vergrößerung des Kopfausschnittes). Das dafür nötige
Maßnehmen erfolgt in den Räumen der Schneiderei oder in besonderen Fällen wird in den Häusern
vor Ort Maß genommen. Die Wäscherei in Bad Oeynhausen-Volmerdingsen hat ihr Einzugsgebiet in
einem Radius von 50 Kilometern. Die meisten Wohnhäuser, Einrichtungen und Dienste werden
zweimal wöchentlich angefahren.1700 Menschen mit Behinderung werden vom Textilservice mit
frischer Garderobe und Flachwäsche versorgt. Der tägliche Schmutzwäscheanfall beträgt ca. 4
Tonnen. Vor 5 Jahren wurde die Kennzeichnung und Sortierung mit Barcode eingeführt. In ca. 800.000
Teile musste der Barcode gepatcht werden.
Das Aufbereiten der Bewohnerwäsche ist sehr arbeitsintensiv. Angefangen mit dem Socken, über die
Unterwäsche bis zur Oberbekleidung muss jedes einzelne Teil von Hand gelegt und sortiert werden.
So fallen täglich ca. 10.000 Teile an. Umgerechnet bewältigen 32 Vollkräfte plus 8 Mitarbeiter mit
Handicap diesen täglichen Wäscheanfall. Der Großteil der Bewohner-Oberbekleidung ist waschbar. In
den Häusern der Bewohner wird entschieden welche Teile zur Wäscherei kommen und was zur
externen Chemischen Reinigung gegeben wird. Der Anteil für die Chemische Reinigung ist aber sehr
gering. Um den großen Anteil der Bewohnerwäsche zu bewältigen werden Lots gebildet. Jedes Lot
umfasst ca. 100 bis 110 Bewohner. Die Lote setzen sich nach der Größe der Häuser zusammen. Es
können so sechs bis acht Häuser oder auch nur zwei Häuser in einem Lot sein. An jedem Scanner-
Arbeitsplatz wird dann das gelegte Lot eingescannt und in die 120 Fächer sortiert. Neun Lote können
so an einem Tag ausgeliefert werden.
Ein weiterer Schritt zur effektiveren Bearbeitung der Flachwäsche war 2003 die Einführung der
Poolwäsche im Leasing. Bis zu diesem Zeitraum hatten alle Bewohner noch personenbezogene
Wäsche. Aus dem Wäschepool wird der gesamte Bedarf für die Betten, für die Küche und rund ums
Badezimmer abgedeckt. Seitdem ist der Anteil an der eigenen Bewohnerwäsche rückläufig, denn das
Leasingangebot fand eine breite Akzeptanz. Die Waschstraße mit der Trockentechnik wurde 2006
erneuert. Zwei Waschschleudermaschinen, eine 100 kg Favorit und eine 40 kg Elektrolux, ergänzen
den Maschinenpark im Nassbereich. Die Flachwäsche wird mit einer HLM Mangel mit Faltmaschine der
Fa. Kannegiesser bearbeitet. Ein Topper wird zum Formdämpfen von Oberhemden, Blusen und Kittel
eingesetzt. Hosen werden seit 2005 mit zwei weiteren Topper rationeller bearbeitet. Wie bereits
erwähnt, fallen am Tag ca. 10.000 (wöchentlich 50.000 Teile Bewohnerwäsche) zur Bearbeitung an.
Diese enorme Menge bei 4 Tonnen täglicher Leistung kann nur mit einer aktuellen Software
bearbeitet werden.
Der Bereichsleiter, Herr Frank Heyda (Foto links), ist nach der Schulzeit zum
Chemisch-Reiniger und Färber und zum Wäscher und Plätter Gesellen
ausgebildet worden. Die Meisterprüfung zum Textilreiniger legte er 1986 ab.
Wäschereileiter im Wittekindshof ist er seit 1989.
Ein wichtiges Argument für umfangreiche Investitionen in die Wäscherei war
die Tatsache, dass im Textilservice dauerhaft Arbeitsplätze für Menschen mit
Behinderung geschaffen werden können. Dies geschieht einerseits direkt im
Textilservice, wo bis zu 12 Frauen und Männer mit Behinderung einen
betriebsintegrierten Arbeitsplatz der Wittekindshofer Werkstätten haben.
Andererseits werden verschiedene Arbeitsschritte als Auftragsarbeiten an die
Wittekindshofer Werkstätten vergeben, wodurch weitere Beschäftigte der
anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen regelmäßig Arbeit haben. Damit ist der Textilservice
selbst keine Werkstatt für behinderte Menschen, sondern ein Regiebetrieb.
Die Ausbildung zum Textilreiniger ist so weit vorbereitet, dass spätestens im nächsten Jahr damit
begonnen werden kann. Abschließend sei erwähnt, dass ein besonderer Service für die Bewohner
geschaffen wurde der „Über-Nachtservice“. Das bedeutet; dass Artikel, die schnellstens wieder
gesäubert werden müssen, persönlich beim Textilservice abzugeben sind und nach
Terminvereinbarung kann der Kunde seine Teile gereinigt wieder abholen.
Text und Fotos:
Wilfried Flügge
Wäscherei+Reinigungs|praxis
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